Fassweinlager: Innovation am Bau

Ein guter Wein mit reicher Aromakonzentration muss reifen. Wie eine außergewöhnliche Idee – die aus einem ungenutzten Grundstück ein neues Fassweinlager mit 59 Lagertanks für 5,6 Millionen Liter Wein erschafft. Umgesetzt wurde die Idee in Bingen am Rhein, bei einer der größten Weinkellereien Deutschlands, Reh-Kendermann. Federführend bei Projektentwicklung, Bebauungsplan und Neubau des Fassweinlagers: BADTKE Architektur.

3,5 Meter neuer „Boden“ und Fundament

Der Kauf eines angrenzenden Grundstücks bietet Unternehmen Optionen für expansive Pläne. Ein Problem verhinderte hier jedoch schnelle Lösungen: Der Ockenheimer Graben trennte das neue Grundstück vom alten und machte so eine direkte Anbindung unmöglich. Es gab nur eine Option: den Graben zu verlegen. 2020 erfolgte Genehmigung und Bebauungsplan. Eine 3 Meter dicke Bodenverfestigung sowie eine 50 cm dicke Bodenplatte waren nötig, um ein sicheres Fundament für den geplanten Neubaus des Fassweinlagers zu errichten.

Steckbrief: Verlegung eines Wassergrabens auf dem Baugrundstück // Neubau Fassweinlager // Bauzeit: 3 Jahre // Bruttorauminhalt BRI 31044 cbm // Bruttogeschossfläche BGF 1984 qm // Für 5,6 Millionen Liter Wein // Fertigstellung: 2021 // Bauherr: Weinkellerei Reh Kendermann // Standort: Bingen am Rhein

Zuerst Innen, dann Außen – vom Sinn umgekehrter Architektur

Die monumentalen Tanks – die größten Tanks fassen jeweils 250.000 Liter, die kleinsten 30.000 Liter – mussten präzise auf dem Boden platziert werden, nachdem sie über den Rhein und per Tieflader das Lager erreicht hatten. Das machte ein innovatives Umdenken nötig: Erst Platzieren, dann Stahlstruktur samt Fassade errichten.

„Ein Fassweinlager auf einem alten Graben zu bauen, ist architektonisch eine Herausforderung. Als wäre das nicht genug, zog ein schwerer Sturm auf, als 1/3 der Tanks ohne ein schützendes Gebäude bereits auf der neuen Bodenplatte standen. Auch hier half statisches Wissen, wie hoch die Tanks mit Wasser befüllt und miteinander stabilisiert werden mussten, damit sie bei Orkanböen nicht umfallen. Hat geklappt.“

Stefan Badtke

Das neue Fassweinlager bietet Raum für 5,5 Millionen Liter Wein und schlägt zusammen mit dem ebenfalls neu erbauten Casino ein weiteres zukunftsorientiertes Kapitel in der Unternehmensgeschichte des seit über 100 Jahren bestehenden Familienunternehmens Reh-Kendermann auf.

„Schon die ersten Tage haben gezeigt, dass die Errichtung eines zweiten Kellers am Standort eine gute Entscheidung war. Der bisherige Keller ist nun durch eine lange
Rohrbrücke mit dem neuen Keller direkt verbunden, was die Wege entsprechend kurz hält und die Abläufe verbessert. Umfuhren beispielsweise entfallen nahezu völlig. Durch die kluge und nachhaltige Planung werden wir große Mengen an CO 2  einsparen.“

Alexander Rittlinger